Arbeitsrecht - Anforderungen an Vorschlagsliste und zulässige elektronische Stimmauszählung

Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat während der Betriebsratswahlen, die turnusmäßig im Frühjahr 2018 in vielen Unternehmen stattfanden, in Eilverfahren über Anforderungen an das Wahlverfahren entschieden.

Ein Verfahren betraf die Zulassung einer Vorschlagsliste für die Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand. Im Original der mit einem Kennwort bezeichneten Vorschlagsliste waren alle Bewerber in einer Rangordnung aufgeführt. Von dieser Vorschlagsliste hatten die Listenvertreter nummerierte Kopien hergestellt und auf mit den Kopien Stützunterschriften für ihren Wahlvorschlag gesammelt. Der Wahlvorstand bemängelte, dass die Kopien, die ungeheftet in einer Klarsichthülle eingereicht wurden, keinen gültigen Wahlvorschlag bildeten. Das LAG hat den Wahlvorschlag zugelassen. Es sei eindeutig erkennbar, auf welchen Wahlvorschlag sich die Stützunterschriften bezogen. Eine Vorschlagsliste dürfe vervielfältigt werden. Alle von den Unterstützern unterzeichneten Wahlvorschlagsblätter führten die Bewerber mit ihren persönlichen Daten und in der festgelegten Reihenfolge inhaltlich übereinstimmend an, das sei ausreichend. Kopien, auf denen keine Unterschriften gesammelt wurden, müssten nicht eingereicht werden.

In einem weiteren Verfahren hat das LAG beschlossen, dass die zur Wahl des Betriebsrats abgegeben Stimmen mit Hilfe von Hochleistungsscannern ausgezählt werden durften. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und die Wahlordnung würden den Einsatz von elektronischen Hilfsmitteln nicht verbieten. Es handele sich nicht um Wahlcomputer, mit denen elektronisch abgestimmt werde. Die abgegebenen Stimmzettel wurden während der öffentlichen Stimmauszählung durch den Wahlvorstand aus der Wahlurne genommen und vor dem Scannen überprüft. Dann sei ausreichend, wenn ein Mitglied des Wahlvorstands die anschließende elektronische Stimmauswertung durch Stichproben kontrolliere.

LAG Hessen, 25.04.2018 - Az: 16 TaBVGa 83/18, 16 TaBVGa 77/18

Quelle: PM des LAG Hessen


Arbeitsrecht - Anfechtung der Betriebsratswahl durch den Arbeitgeber

Ein Arbeitgeber ist berechtigt, die ausschließlich für seine Arbeitnehmerschaft durchgeführte Betriebsratswahl auch dann allein anzufechten, wenn er die Anfechtung darauf stützt, dass ein einheitlicher Betriebsrat für einen mit einem anderen Unternehmen geführten Gemeinschaftsbetrieb hätte gewählt werden müssen. Die Wahl muss nicht von allen an dem behaupteten Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgebern gemeinsam angefochten werden.

BAG, 16.01.2018 - Az: 7 ABR 21/16


Arbeitsrecht - Wahlanfechtung im Gemeinschaftsbetrieb

Werden in einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen statt eines einheitlichen Betriebsrats für die Belegschaften jedes einzelnen Unternehmens zeitlich versetzt gesonderte Betriebsräte gewählt und soll eine von Arbeitgeberseite betriebene Wahlanfechtung auf die Verkennung des Betriebsbegriffs gestützt werden, müssen nicht sämtliche in dem Gemeinschaftsbetrieb erfolgten Betriebsratswahlen angefochten werden. Die isolierte Anfechtung der Wahl eines Betriebsrats, der nach dem Vorbringen der anfechtenden Arbeitgeber unter Verkennung des Betriebsbegriffs für den Betriebsteil eines Gemeinschaftsbetriebs gewählt wurde, ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass zuvor für einen anderen Betriebsteil ein Betriebsrat gewählt wurde, dessen Wahl nicht angefochten wurde.

BAG, 22.11.2017 - Az: 7 ABR 40/16

ECLI:DE:BAG:2017:221117.B.7ABR40.16.0


Rechtsprechungen des Bundesarbeitsgerichts

Leiharbeitnehmer zählen doch!!

Das Bundesarbeitsgericht hat seine bisherige Rechtsprechung "Leiharbeitnehmer wählen, aber zählen nicht" aufgegeben. Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.März 2013 (7 ABR 69/11), dass nunmehr auch Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten des BetrVG zu berücksichtigen ist, hat weitreichende Konsequenzen.

Konsequenzen aus der neuen Rechtsprechung

Wahlvorstände und auch Betriebsräte müssen diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab sofort berücksichtigen. 

Die Konsequenzen erstrecken sich auf die folgenden Schwellenwerte:

Betriebsratsgröße

Mit der Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer erhöht sich die maßgebliche Anzahl der Arbeitnehmer erheblich. Mit Blick auf die Schwellenwerte des § 9 BetrVG sind zukünftig also deutlich größere Betriebsratsgremien zu bilden.

Freistellung

außerdem wird sich die Anzahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder nach § 38 BetrVGdeutlich erhöhen.

Betriebsausschuß

Auch die Pflicht des Betriebsrats gem. §27 BetrVG,einen Betriebsauschuß zu bilden, dürfte hiervon berührt sein; ebenso wie auch dessen Größe.

Hier die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts.